Möglichkeiten der Circular Economy zur Steigerung der Resilienz und Unabhängigkeit im Kontext der Versorgung mit kritischen Rohstoffen

Abstract

Vor dem Hintergrund wachsender Gefahren für die Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen durch Disruptionen und geopolitische Konflikte ist die Resilienz und Unabhängigkeit der EU zu steigern. Die Anfälligkeit zeigt sich eindrücklich am betrachteten Beispiel der deutschen Gasversorgung durch Russland, die im Rahmen des Russland-Ukraine-Kriegs beendet wurde und zu deutlichen Preissteigerungen führte. Die EU und damit auch Deutschland können mithilfe erneuerbarer Energien, wie der materialintensiven Windenergie, ihre (Energie)-Unabhängigkeit steigern, begeben sich dafür allerdings in neue Importabhängigkeiten für die benötigten Rohstoffe.

Im Kontext der Steigerung der Resilienz und Unabhängigkeit ist die Circular Economy ein vielversprechender, aber wenig beachteter Ansatz. In diesem Zusammenhang werden die folgenden zwei Forschungsfragen untersucht:

Frage 1: Wie kann eine Entscheidungssituation zur Steigerung der Resilienz und Unabhängigkeit strukturiert werden?

Frage 2: Wie und wann kann die Circular Economy zur Steigerung der Resilienz und Unabhängigkeit genutzt werden?

Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden zunächst die beiden gängigsten Ansätze der Resilienz – die engineering und die social-ecological resilience – betrachtet. Um das Konzept der Resilienz verständlicher und auch leichter anwendbar zu machen, wird ein neues, dreistufiges Framework aufgestellt, in das bestehende und neue Ansätze der Resilienz eingeordnet werden können und so besser miteinander vergleichbar sind. Die drei Stufen des Resilienz-Frameworks unterscheiden sich hinsichtlich des betrachteten Zeithorizonts, der Schwere der Disruption und der notwendigen Änderungen der Lieferketten (siehe dazu Abb. 1). Die drei Stufen sind

·      die statische Resilienz auf operativer Entscheidungsebene für kürzere Störungen der Versorgung,

·      die dynamische Resilienz auf taktischer Entscheidungsebene für mittelfristige Disruptionen und

·      die transformativ dynamische Resilienz auf strategischer Entscheidungsebene für massive, langfristige bzw. permanente Disruptionen.

Die transformativ dynamische Resilienz ist die einzige der drei Resilienzstufen, die als Präventions- und nicht als Reaktionsmaßnahme konzipiert ist. Allerdings kann es durch besonders schwere Disruptionen dazu kommen, dass die getroffenen Änderungen der statischen und dynamischen Stufe zu permanenten Änderungen führen und die Transformation weiter bestärken. Das Framework wird im Beitrag zunächst am Beispiel der deutschen Energieversorgung durch russisches Gas vorgestellt

Anschließend wird das Framework um die ex-ante und ex-post CE erweitert. Zudem werden relevante Bereiche der CE, wie zirkuläre Geschäftsmodelle, Urban Mining oder die R-Strategien vorgestellt. Das erweiterte Framework wird zudem am Beispiel der europäischen, mit einem Schwerpunkt auf die deutsche, Windindustrie angewendet. Dafür werden die Möglichkeiten der zehn R-Strategien auf den drei Resilienzstufen untersucht. Abschließend betrachtet der Beitrag die Interdependenzen zwischen der Circular Economy bzw. den drei Strategien narrowing, slowing und closing von Materialflüssen und der Resilienz und Unabhängigkeit.